Sie haben noch mal alles aus sich herausgeholt, doch am Ende war das bärenstarke Gesamtpaket des Gegners nicht zu knacken. Die Volleyballer der FT 1844 Freiburg lieferten der SVG Lüneburg im zweiten Playoff-Viertelfinale vor einer großartigen Kulisse in der ausverkauften Act-Now-Halle (1500 Zuschauer) einen leidenschaftlichen Kampf. Sie belohnten sich für ihren couragierten Auftritt mit einem Satzgewinn, unterlagen dem Titelanwärter aus dem hohen Norden jedoch 1:3 (17:25, 18:25, 25:23,17:25). Mit dem zweiten Sieg in der Best-of-three-Serie haben die Lüneburger den Einzug ins Halbfinale geschafft, während die Saison für die Affenbande beendet ist.
„Ein abruptes Ende“, wie Trainer Jakob Schönhagen am späten Freitagabend sinnierte. „Man will eigentlich gar nicht, dass es jetzt aufhört.“ Die Mannschaft habe im ersten Playoff-Heimspiel der Freiburger Bundesliga-Geschichte noch mal alles reingelegt, sei „über weite Strecken auch an die Kante gegangen“. Doch die Selbstsicherheit, mit der der Hauptrundenzweite und Champions-League-Viertelfinalist aus Lüneburg dem Freiburger Sturm und Drang widerstand, nötigte auch Schönhagen großen Respekt ab: „Sie lassen sich nicht stressen, auch wenn sie mal ein paar Punkte hinten liegen. So stark habe ich in dieser Saison keinen Gegner bei uns gesehen.“
Bestes Beispiel für die Unerschütterlichkeit der Lüne-Hünen war der erste Satz. Angefacht von ihrem mitreißendem Publikum, das von Beginn an ihre grün gekleidete Affenbande nicht nur optisch mit ihren grünen Playoff-Shirts unterstützte, legten die Gastgeber los wie die Feuerwehr. Als Kevin Kobrine das zweite Ass für sein Team zur 4:3-Führung gelang, hatte sein Team schon mehr Punkte von der Aufschlaglinie gesammelt als in der gesamten ersten Playoff-Begegnung vier Tage zuvor. „Freiburg ist mit Feuer rausgekommen, war mutig“, stellte SVG-Trainer Stefan Hübner fest.
Die FT-Akteure hielten lange eine Zwei-Punkte-Führung und lagen bis 14:13 vorn. Dann aber schlug der Favorit zurück: Mit einer Aufschlagserie von Mittelblocker Joscha Kunstmann machte Lüneburg fünf Punkte in Folge. In der Abwehr waren Gage Worsley und Co. nun an jedem Ball dran, Lüneburg punktete auch aus schwierigen Situationen. Mit zwei starken Aufschlägen des eingewechselten Axel Larsen beendete die SVG zum 25:17 den Satz.
Auch der zweite Abschnitt verlief anfangs ausgeglichen. Herausragende Ballwechsel mit waghalsigen Rettungstaten führten regelmäßig zu Ovationen des Publikums. Freiburg gelangen durch Liam Kristjanson zum 10:11 und Yannick Harms zum 15:17 spektakuläre Blocks. Doch das Team musste absolut am Limit spielen, um die Partie ausgeglichen zu gestalten. Sobald die Gastgeber nur einen Tick nachließen, waren die Lüneburger unerbittlich zur Stelle. „Freiburg hat es mit viel Risiko im Aufschlag probiert und war hier und da damit erfolgreich“, stellte Gästecoach Hübner fest. „Sie haben diesen Druck aber nicht halten können.“ Beleg sind 23 Aufschlagfehler bei Freiburg (bei sechs Assen), während Lüneburg nur deren 13 produzierte (fünf Asse). So sackte die SVG auch Durchgang zwei mit 25:18 ein.
Doch so leicht wollten sich die Freiburger nicht geschlagen geben. Im dritten Satz suchte Zuspieler Fabian Hosch vor allen seinen Diagonalangreifer Kevin Kobrine. Und der lieferte nun zuverlässig über die Außenpositionen vier und zwei sowie aus dem Hinterfeld mit seinem variablen Spiel. Insgesamt kam Kobrine am Ende auf 31 Punkte (46 Prozent Erfolgsquote im Angriff) und lag damit weit vor allen anderen Spielern auf dem Feld (Xander Ketrzynski vom SVG folgte mit 16 Punkten). Weil Außenangreifer Oskar Espeland nun vom FT-Block gut gelesen wurde, setzte sich Freiburg in der Crunch-Time des dritten Satzes leicht auf 17:14 und 20:18 ab. Lüneburg konterte durch Ketrzynski zum 21:21, dann aber war Kobrine-Zeit: ein Angriff die Linie runter zum 22:21, ein Tip hinter den SVG-Block zum 23:21. Als Mittelblocker Charles Figy noch ein Ass zum 24:21 folgen ließ, hatte Freiburg den entscheidenden Vorteil. Larsen kam zwar wieder zum Aufschlag für die Gäste, schlug aber bei 24:23 ins Netz. Satzgewinn Freiburg.
Die Euphorie nahm die Affenbande zunächst in den vierten Satz mit. Eine erfolgreiche Challenge bei einer Lüneburger Netzberührung gab zusätzlich Auftrieb. „Wenn sich eine Tür öffnet, wollten wir hindurch schlüpfen“, sagte 1844-Trainer Jakob Schönhagen. „Diese Tür war bei 8:5 im vierten Satz offen.“ Doch im Gegensatz zu Durchgang drei schlüpften die Freiburger diesmal nicht hindurch. „Es war eine Mischung aus Lüneburger Klasse, Unerfahrenheit bei uns und einem Schiedsrichter, der sich etwas überflüssig einmischt“, fasste Schönhagen die nächsten Minuten zusammen. Natürlich habe man nicht wegen des Schiedsrichters verloren, stellte der Freiburger Coach klar. Doch ein vermeintlich gehaltener Ball von Kobrine zum 8:9 aus Freiburger Sicht ließ die Gastgeber kopfschüttelnd zurück. Nun schlichen sich ins Spiel der FT 1844 zusehends Ungenauigkeiten ein. Lüneburg schien darauf nur gewartet zu haben und nutzte seine Punktchancen mit Theo Mohwinkel, Joscha Kunstmann und Xander Ketrzynski konsequent. Mit einem 10:1-Lauf zum 15:9 entschied der Favorit die Partie. Lüneburg war nun in der Komfortzone und gewann Satz vier und damit das Spiel mit 25:17.
Freiburg hatte an diesem Tag einen überragenden Kobrine. Und Libero Timothy McIntosh hatte großen Anteil daran, dass die Gastgeber in der Annahme-Statistik sogar ein bisschen besser waren als Lüneburg. „Wir waren in allen Elementen viel näher dran als beim 0:3 am Montag“, sagte Schönhagen. Allerdings spricht die Ausgeglichenheit bei den Punkten für Lüneburg. Neben Xander Ketrzynski (16) punkteten auch Theo Mohwinkel (14), Joscha Kunstmann (10) und Oskar Espeland (9) stabiler als der zweitbeste Freiburger Liam Kristjanson (8).
„Wir waren die ganze Zeit fokussiert und haben nur im dritten Satz ein bisschen den Faden verloren“, resümierte Stefan Hübner das Geschehen. Durch die vielen engen Partien in der Champions League habe sein Team ein Selbstvertrauen gewonnen, das den Spielern in engen Situationen weiterhelfe. „Wir haben genug Waffen, um zurückzukommen“, sagte der Lüneburger Trainer. „Es ist aber auch unsere Art zu spielen, ruhig zu bleiben, unabhängig vom Spielstand.“ An ein mögliches Gipfeltreffen im Playoff-Finale mit Berlin denke er momentan überhaupt nicht: „Davon sind wir weit weg, es geht Spiel für Spiel, jetzt kommt erst mal das Halbfinale.“ Hier trifft Lüneburg auf den Sieger des Vergleichs zwischen Friedrichshafen und Düren. „Beides brandgefährliche Gegner“, so Hübner.
Das Saisonfazit
Jakob Schönhagen kommt beim Rückblick auf die zweite Bundesliga-Saison der Affenbande ins Schwärmen: „Die Jungs haben eine herausragende Saison gespielt“, sagte der Freiburger Chefcoach. „Sie haben nur drei Punkte liegen gelassen gegen Teams, die in der Tabelle hinter ihnen stehen.“ Das spreche für „eine unglaubliche Disziplin und ein Auf-den-Punkt-fit-sein“. Man könne nur stolz sein auf den Spielstil und die Kultur, die die Mannschaft untereinander pflege. Die Abschiede von Oliver Morath und Linus Hüger, die beide nach der Partie von der Kulisse groß gefeiert wurden, fallen ihm schwer. Ein Großteil des Teams, soviel steht schon jetzt fest, dürfte auch in der kommenden Saison für die FT 1844 ans Netz gehen. Genaueres will der Verein in den kommenden Wochen bekannt geben.
Auch der Lüneburger Trainer Stefan Hübner ist voll des Lobes über die Arbeit des Bundesligisten aus dem Breisgau. „Man spürt in den Gesprächen, dass hier Energie und Drive vorhanden sind, etwas zu entwickeln“, sagte der Ex-Nationalspieler am Freitagabend in der Act-Now-Halle. „Wir brauchen solche tollen Standorte in Deutschland.“ Freiburg habe eine Riesensaison gespielt: „Eine Spielidee ist da und die Mannschaft ist diesbezüglich gut zusammengestellt.“